22.03.05:

Voller Impuls für Methode Star Trek!

Nach 1969 erhält das globale Star Trek-Fandom zum zweiten Mal die Chance, sich zu beweisen

Ein Kommentar von Worfo K.

"John und ich haben oft bewiesen, dass wir weiterhin an das Konzept und das Fandom glauben, das ebensoviel Uneigennützigkeit wie Enthusiasmus gezeigt hat. Es ist fantastisch, wie leidenschaftlich Trek-Fans nach all den Jahren sind, trotz der zynischen Voraussagen, dass alles schon bald den Bach runtergehen wird. Diese Leidenschaft ist der Inbegriff von Gene Roddenberrys oft zitiertem Glauben, dass der menschliche Geist sich durchsetzen wird. Ich bin sehr stolz, ein Star Trek-Fan zu sein. Gene wäre sehr stolz auf euch alle!"

Bjo and John Trimble, führende Aktivisten der Star Trek-Kampagne von 1968

LA, 26.02.: Es gibt immer eine Alternative! Auch wenn TrekUnited, die Star Trek-Kampagne 2005, erste deutliche Erfolge zeitigt und längst noch nicht am Ende ihres Lateins angelangt ist. Vieles deutet darauf hin, dass Star Trek: Enterprise (ENT) 2005 ebenso wie die Originalserie (TOS) 1969 ein viel zu frühes Ende nehmen wird. Als offensichtliche Gründe können in beiden Fällen niedrige Einschaltquoten und betriebswirtschaftlich argumentierende Senderchefs ausgemacht werden. Auf den zweiten Blick fällt auf, dass sich die Vereinigten Staaten sowohl Ende der Sechziger als auch gegenwärtig im Krieg befinden.

Der Vietnam-Krieg diente schnöden weltmachpolitischen Zielen. Daran hat sich heute mit dem War-on-Terror zumindest im Wesentlichen nichts geändert. Das alltägliche Sterben der eigenen und fremden Bürger wird im Namen von "Freiheit und Frieden in der Welt" legitimiert. Das sit eine Legitimation, die einerseits die US-Gesellschaft spaltet, was die jüngsten Präsidentschaftswahlen ebenso deutlich vor Augen geführt haben, wie seinerzeit die Proteste gegen den Vietnam-Krieg. Andererseits verharrt die skeptisch bis kritisch eingestellte Hälfte der Nation of the Free solange in loyaler Passivität, bis sich in ihr eine Bewegung mit glaubhaften Visionen entwickelt hat. Es gilt als umstritten, ob Gene Roddenberry und seine Kolleginnen und Kollegen einen Teil dieser Bewegung darstellten, die schließlich für die Niederlage der US-Army an der Heimatfront sorgte.

TOS: The Omega glory Mit der Episode Der erste Krieg (A private little war), ausgestrahlt zwei Tage nach der Tet-Offensive, kapitulierte Star Trek im Februar 1968 offensichtlich vor der Herausforderung einer humanistischen Alternative: Kirk rüstet unter Missachtung der Oberste Direktive und gegen den Protest von Pille eine Bürgerkriegspartei auf. Er rechtfertigt sich in der Logik des Kalten Kriegs, indem er argumentiert, dass eine Waffenlieferung der Klingonen an die Gegenseite das leider alternativlose "Gleichgewicht der Kräfte" bedroht habe. Nur vier Wochen später schickt Gene die Enterprise mit Das Jahr des roten Vogels (The Omega Glory) erneut in die Blockkonfrontation zwischen Ost und West: In einem Jahrhunderte alten planetaren Konflikt zwischen Kohms und Yangs geraten, entschließt sich Kirk diesmal dazu, die Oberste Direktive handgreiflich gegen einen Sternenflottencaptain zu verteidigen, der die Kohms mit Phasern zum Sieg führen will. Schließlich befriedet Kirk den Konflikt mit einer flammenden Antikriegsrede auf die zivilisatorischen Werte der amerikanischen Verfassung. Ein Jahr später besiegeln ideologische Vorbehalte der Senderchefs, die sich wohl vor allem auf die popkulturelle Unterstützung der schwarzen Bürgerrechtsbewegung durch Star Trek bezogen, das Schicksal von Capt. Kirk und seiner Crew. Dabei mag auch eine Rolle gespielt haben, dass die Bewegung gegen den Vietnam-Krieg 1969 noch zu schwach gewesen ist.

Barbarische Zeiten: Folter auf der Enterprise Aktuell spielt sich etwas Ähnliches ab. ENT wird häufig zum Vorwurf gemacht, mit der Xindi-Erzählung im vorletzten Jahr das zivilisatorische Erbe von Star Trek der Aggressivität und Inhumanität der Post-9/11-World geopfert zu haben. Dabei wird die emanzipatorische Crux der Serie geflissentlich übersehen: Mit der militärischen Elitetruppe, den MACOs und einem Captain Archer an Bord der Enterprise, der zur Rettung der Erde selbst auf barbarische Mittel wie Folter (Anomalie) und Piraterie (Beschädigungen) zurückgreift, kommt das föderale Versprechen gerade in seiner krassen Abwesenheit zur Geltung. Die Unfähigkeit des Captains, die Erde in Übereinstimmung mit seinen humanistischen Überzeugungen vor den Massenvernichtungsplänen der Xindi zu bewahren, überzeichnet Archer zugleich als präföderalen wie zeitgenössischen Charakter. Archer steht für die amerikanischen Demokraten, und bedingt auch für die Kriegsunwilligen unter den Europäern, die sich bislang gleichsam unfähig zeigten, dem War-on-Terror der Bush-Administration eine überzeugende weltinnenpolitische Alternative entgegen zu setzen. In Star Trek blieb es die Aufgabe des Zeitagenten Daniels, Archer mit der Nase auf das föderale Versprechen einer Frieden bringenden interstellaren Allianz und die Notwendigkeit eines kooperativen Vorgehens zu stoßen (Azati Prime, Stunde Null).

Die Hilf- und Ratlosigkeit der Liberal Democrats zunächst aufzugreifen, um sie in einem zweiten Schritt mit der Einsicht aufzurütteln, dass die Suche nach Frieden bringenden Alternativen eine konkrete Perspektive haben muss, wird vielleicht eines Tages als die Methode Star Trek in die Geschichtsschreibung des Planeten Erde eingehen. Gingen die TOS-Pioniere dabei noch unvermittelt und voluntaristisch vor, so wartet ENT für den zweiten Schritt mit der Perspektive auf, anhand eines vier Staffeln umfassenden Gründungsprozesses der Föderation der Planeten auf den zivilisatorischen Imperativ des 21. Jahrhunderts aufmerksam zu machen.

Die Bewohner/innen dieses Planeten sehen sich auf jeweils unterschiedliche Weise mit den gesellschaftlichen Verwerfungen einer globalisierten Ökonomie konfrontiert. Sie treten als Krieg, Terrorismus, Folter, Armut oder Krankheiten auf. Ihre wirksame Bekämpfung kann nur auf dem Weg zu einer globalisierten Demokratie gelingen. Einer Demokratie, in der sich die unterschiedlichen Lebensformen auf Augenhöhe begegnen. In der aus gefährlichen Aliens geschätzte Partner werden. Eine Demokratie schließlich, deren Normen und Regeln niemals rigide festgelegt sind, sondern bei jedem First Contact eine Veränderung und Erweiterung erfahren können. Und welchen Namen verdiente diese globalisierte Demokratie mehr als den der Föderation des Planeten Erde.

Gründung der Föderation

Die Methode Star Trek hat sich Ende der 1960er als äußerst labil herausgestellt. Die Serie wurde im Gegensatz zu den protestierenden Studierenden erst im Laufe der 70er Jahre zum globalen Phänomen. Den nationalen Fanpionieren musste so im zweiten Anlauf die Puste ausgehen. Auch wenn die Schwerpunkte der zweiten ENT-Kampagne bislang auf die USA und den ihr politisch und kulturell am engsten verbundenen Ländern Großbritannien und Israel beschränkt blieben, hat der Fanprotest mit TrekUnited nationale Grenzen weitestgehend überschritten. Die Fans selbst, die viel gescholtenen Freaks und Träumer, gestalten auf dem langen Weg zur Föderation des Planeten ganz konkret ein Stück Weltbürgertum. Allein dadurch ist die Kampagne schon ein Erfolg an sich. Das Ziel ihrer Mission, eine fünfte ENT-Staffel im Herbst zu erreichen, verspricht zugleich ein wichtiges Etappenziel in der Popkultur des Planeten zu werden.

Übrigens, sollten die für diesen Zweck zusammengetragenen Spenden, die aktuell bei 3.1 Mio. Dollar liegen und weiter zunehmen, diesem Ziel nicht zugeführt werden können, hat die Kampagne angekündigt, die Gelder den Fans zurückzuerstatten bzw. überschüssige Mittel an die Opfer der Tsunami-Katastrophe in Südasien weiterzugeben. (w.)

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